Angesichts der Gefahr
eines Atomkriegs
spielt Italien die drei
Affen
Manlio Dinucci
Wie war die Reaktion auf die Warnung des russischen
Präsidenten Putin, als er sagte, dass die Welt die Gefahr eines Atomkriegs
unterschätzt, und dass diese Tendenz zunimmt?
Der Kommentar in der
La Repubblica ist bedeutsam, wenn er von seinem „sehr alarmierenden Ton“
spricht. Auch das fast absolute Schweigen des gesamten Parlamentarierkreises
ist eloquent. Als hätte Italien nichts mit dem Wettlauf um die Aufstockung von
Atomwaffen zu tun, der, wie Putin in seiner Jahrespressekonferenz warnte, zur
„Zerstörung der gesamten Zivilisation oder gar des ganzen Planeten“ führen
könnte. Das Szenario ist nicht alarmierend, sondern eine realistische
Einschätzung durch Wissenschaftler, die die Auswirkungen von Atomwaffen
untersuchen.
Eine besondere Gefahr
- betont Putin - ist die „Tendenz, die Messlatte für den Einsatz von Atomwaffen
zu senken, indem taktische Atomladungen mit geringerer Wirkung geschaffen
werden, die zu einer weltweiten Atomkatastrophe führen können“. Dies ist die
Kategorie der neuen Atombomben B61-12, die die USA in Italien, Deutschland,
Belgien, den Niederlanden und vielleicht auch in anderen europäischen Ländern
im ersten Halbjahr 2020 stationieren werden. „Hohe Präzision und die
Möglichkeit, weniger zerstörerische Sprengköpfe einzusetzen“ - warnt die
Federation of American Scientists – „können Militärkommandanten dazu
veranlassen, auf den Einsatz von Atombomben bei einem Angriff zu bestehen, da
sie wissen, dass radioaktive Niederschläge und Kollateralschäden begrenzt sein
würden“.
Italien hat Teil an
der Verantwortung für die wachsende Gefahr eines Atomkriegs, da es unter
Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag und ohne Unterzeichnung des
UNO-Vertrags über das Verbot von Atomwaffen den Vereinigten Staaten eine primär
antirussische Kapazität zur Verfügung stellt, nicht nur mit seinen
Stützpunkten, sondern auch mit Flugzeugen und Piloten für den Einsatz von
Atombomben. Dies geschieht mit der ausdrücklichen oder stillschweigenden
Zustimmung (durch Verzicht auf echten Widerstand) des gesamten Kreises des
Parlaments.
Die andere Gefahr -
warnt Putin - ist der „Zerfall des internationalen Systems zur
Rüstungskontrolle“, der durch den Rückzug der Vereinigten Staaten aus dem
ABM-Vertrag (Anti Ballistic Missile Treaty) im Jahr 2002 eingeleitet wurde. Er
wurde 1972 von den USA und der UdSSR verfasst und verbot jeder der beiden
Parteien den Einsatz von Abfangraketen, die durch die Neutralisierung von Vergeltungsmaßnahmen
durch angegriffene Länder einen "Erstschlag", d.h. einen
überraschenden Atomangriff, begünstigt hätten. Seitdem haben die Vereinigten
Staaten den „Raketenschutzschild“ entwickelt, der sich von Europa bis an die
Grenzen Russlands erstreckt - zwei Bodenanlagen in Rumänien und Polen sowie
vier Kriegsschiffe, die die Ostsee und das Schwarze Meer befahren. Ausgestattet mit Abschussrohren sind diese
Schiffe in der Lage, sowohl Abfangraketen als auch Marschflugkörper mit
Atomsprengköpfen abzufeuern.
Auch in diesem Fall hat Italien Teil an der
Verantwortung – die Installation der JTAGS (Joint Tactical Ground Station) in
Sigonella (Sizilien). Dies ist eine US-Satellitenstation für den „Anti-Raketenschild“,
eine von fünf auf dem Planeten. Die Situation wird noch verschärft durch die
Tatsache, dass die USA nun aus dem INF-Vertrag von 1987 (Intermediate-Range
Nuclear Forces Treaty), der die in Comiso stationierten US-Nuklearraketen
eliminiert hat, aussteigen wollen, um in Europa antirussische bodenbasierte
Mittelstreckenraketen einsetzen zu können. Auch die italienische Regierung ist
beteiligt, da sie diesen Plan beim Nordatlantikrat vom 4. Dezember gebilligt
hat und sich zweifellos für die Installation dieser Raketen in Italien
ausspricht. „Wenn diese Raketen in Europa ankommen, sollte der Westen nicht
erstaunt sein, wenn wir reagieren“, sagte Putin. Eine Warnung, die von Conte,
Di Maio und Salvini (1) ignoriert wurde, die weiterhin die Trommel für den
Anti-Migranten „Sicherheitserlass“ schlagen.
Aber wenn US-Atombomben und
-Raketen ankommen und die wirkliche Sicherheit Italiens in Gefahr bringen,
sehen sie nichts, hören nichts und sagen nichts.
Sonntag, 23. Dezember 2018 Ausgabe des il manifesto
Übersetzung: Aus dem Englischen von K.R.
(1) Präsident des Rates und Vizepräsident der derzeitigen
italienischen Regierung
NO WAR NO NATO
https://www.pandoratv.it/category/opinioni/manlio-dinucci-opinioni/
Manlio Dinucci
Geograph und Geopolitiker. Letztes veröffentliche Werk: Laboratorio di geografia, Zanichelli 2014 ; Diario di viaggio, Zanichelli 2017 ; L’arte della guerra / Annali della strategia Usa/Nato 1990-2016, Zambon 2016, Guerra Nucleare. Il Giorno Prima 2017; Diario di guerra Asterios Editores 2018
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